Milano-Sanremo 2010

Radtouristik-Fernfahrt "Mailand-San Remo" über 298 km

Meinungen, Kommentare und Berichte

Für die Zusendung weiterer Berichte und Kommentare wären wir dankbar !

Milano - Sanremo

08.06.2010 08:52 von Markus Utz

„La Primavera" (die Fahrt in den Frühling) hieß es Ende März, als die Radsportprofis die rund 300 KM unter die Räder nahmen. Nach dem langen Winter, den windigen Frühlingsabenden und den oft nassen Trainingsausfahrten hatten Achim Escher, Frank Schamberger, Achim Schmidhauser und Markus Utz am vergangenen Wochenende ihre eigene Fahrt in den Frühling.

An der Raststätte Bad Bellingen stieg man in den von Frankfurt gestarteten Bus, der nun bis auf den letzen Platz gefüllt war. Nun war das „Team Kulessa" komplett.

Herzklopfen pur, als am Sonntag um 7:00 Uhr der Startschuss in Mailand fiel. Knapp 800 Teilnehmer klickten nahezu gleichzeitig in die Pedale ein. Wir Bamlacher reihten uns am Ende des Feldes ein und beschlossen die Fahrt gemeinsam durchzuziehen. Ein guter Entschluss, sah man doch den Einen oder Anderen gestürzten Fahrer. Fast 40 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit zeigte der Tacho in den ersten zwei Stunden. Immer wieder überholte unsere ca. 50 Mann starke Gruppe jene Fahrer, die dem Tempo im Hauptfeld nicht mehr folgen konnten.

Nach der ersten Verpflegung bei KM 135 machten wir nur ein, zwei Minuten Pause und arbeiteten uns immer weiter nach vorne. Nun galt es den Turchino zu bezwingen. Nach dem Tunnel auf der Passhöhe stürzten wir uns in die Abfahrt nach Genua. Nun hatten wir den Streckenabschnitt erreicht, den wir aus dem Fernseher kennen. Links das türkisfarbene Meer und rechts die Felswände der ligurischen Küste. Vorbei an Palmen durch malerische Küstenorte näherten wir uns der 200 KM Marke und der zweiten Verpflegung. Teilweise war diese Streckenabschnitt gefährlich. Hektische Bremsmanöver, das Umfahren der zahlreichen Autos, Gegenverkehr und das Überfahren roter Ampeln zwangen die Teilnehmer zu äußerster Konzentration.

Wer nun meinte das Schwierigste wäre geschafft hatte sich mächtig getäuscht. Auf dem letzten Drittel verließ man immer wieder die Küstenstraße. Capo Mele, Capo Cervo, Capo Berta, Cipressa und den Poggio di Sanremo hieß es zu bewältigen. Keine großen Anstiege im Vergleich zum Schwarzwald, aber für Einige wurden nach den bis dahin gefahrenen Kilometern diese „Hügel" zu standhaften Bergen.

Nach offiziell 295 KM erreichten wir nach 10:07:00 Stunden das Ziel und belegten die Plätze 370 - 374.

Unser „Team Kulessa" gewann als größte Gruppe einen Pokal. Ein herzliches Dankeschön an Günther Kulessa der die Busreise ehrenamtlich organisiert hat.

Immer wieder haben die alteingesessenen Vereinsmitglieder des RV-Bamlach von den Erlebnissen vergangener Jahre bei Mailand - Sanremo erzählt. Diese zum Teil spektakulären Geschichten haben uns dazu bewegt diese Strecke selber einmal zu bewältigen. Nun sind auch wir „Finisher" des längsten Tagesrennen, der „La Primavera".
 

 

Mailand - San Remo
08.06.2010 von Michael Haak
Am vergangenen Wochenende machte ich mich bereits zum zweiten Mal mit meinem Dad Manfred und meinem Bruder Mario (Begleitperson) auf nach Mailand um den Spuren eines Radrennens zu folgen, das schon so viel Geschichte geschrieben hat. Heutzutage ist das Profi-Rennen, das immer im März ausgetragen wird, das längste Eintagesrennen im UCI-Rennkalender und gehört zu den fünf Monumenten des Radsports. Bei seiner ersten Austragung im Jahr 1907 wurde den 33 Startern eine Aufwandsentschädigung von je 5 Lire ausbezahlt.
 

Im Gegensatz dazu wird heute von dem Veranstalter, der UC San Remo, für das Amateur-Rennen 45 Euro verlangt. Offiziell ist es als "Radtourisikfahrt" ausgeschrieben und für die vergleichsweise geringe Startgebühr von 45 Euro gibt's ein Radtrikot, drei Verpflegungsstationen und Pasta im Ziel. Aber alles der Reihe nach.
 

Das Feld vor dem MassenstartAm Sonntag um 07:00 Uhr ging es in Mailand in Form von einem Massenstart los. Es war schon recht warm und nach ein paar Kilometern war das Trikot schon nassgeschwitzt. Wie erwartet war das Anfangstempo auf der geraden und breiten Straße sehr hoch. Viele Radfahrer nutzten die Gegenfahrbahn, um sich im Feld weiter vorzuschieben und so bekamen wir auch immer mehr den "Ziehharmonika-Effekt" an den zahlreichen Kreisverkehren und Fahrbahnverengungen zu spüren. So trennte sich das große Feld von über 800 Fahrern aus ganz Europa hinter uns und wir waren mit ein paar hundert anderen Fahrern in der Spitzengruppe dabei. Nach ca. 80km hatte ich dann auch schon meinen ersten Tiefpunkt. Nach jeder Kurve, bei jedem Gegenverkehr (die Straße war nicht gesperrt) und bei jeder scheiss Straßenverengung ging die kräfteraubende Antreterei von vorne los und wir mussten darauf achten am Feld dranzubleiben und nicht abreißen zu lassen. Mit Müh und Not gelang es mir immer wieder Lücken zuzufahren, aber wir hatten ja noch nicht einmal ein Drittel der Gesamtdistanz hinter uns!

In die erste erwähnenswerte Steigung am "Passo del Turchino" nach 135km ging's mit einem Schnitt von über 40km/h. Am besagten Pass splitteten sich die zwei großen Gruppen auf und nach 400 überwundenen Höhenmeter ging's bergab nach Genua. Von da an verläuft dIm Ziel angekommen...ie Strecke immer am Meer entlang, mit ein paar kurzen, aber steilen Abstechern auf die angrenzende Hügelkette. Nach 155km gab's unsere erste kurze Pause. Dank Mario wurden wir bestens verpflegt und konnten nach jeweils 50km frisch gefüllte Trinkflaschen, Cola und Salamiweckle aufnehmen.
 

Die wohl bekanntesten Hügel sind die beiden letzten. Der "Cipressa" und der "Poggio di San Remo" verhalf schon so manchem Fahrer zu einem geglückten Ausreißversuch und damit zum Sieg. Den Sieg konnten wir uns nach 10 Stunden nicht mehr holen. Dafür gab's zur anschließenden Stärkung noch 'ne ordentliche Runde Pasta.
 

Auch wenn der "Tour"-Bericht in der März-Ausgabe über das Rennen ziemlich negativ ausgefallen ist, war es für uns wieder ein saugeiles Erlebnis. Die Sichtweise der "Tour"-Reporter können wir nicht teilen. Es ist nunmal eine Radtouristikfahrt, das Startgeld beträgt nur 45 Euro und die Landessprache ist halt nunmal Italienisch. Respekt gilt vor allem dem Veranstalter, der doch einen enormen Aufwand für die rund 800 Starter betreiben muss.
 

Besonderen Dank gilt auch Günther Kulessa, der jedes Jahr die Organisation für den deutschsprachigen Raum übernimmt! Auf seiner Seite http://www.milano-sanremo.net gibt's alle Infos, Bilder, Ergebnisse und Erfahrungsberichte auf Deutsch.

 

Radtouristik-Fernfahrt Gran Fondo Internazionale MILANO-SANREMO 2010

Ein Bericht von Detlev Nolte

Mailand - San Remo. Welcher Rennradfahrer im Hobby-Bereich lässt da nicht seinen Gefühlen freien Lauf? Einmal die Strecke der Profis, die La Primavera (Fahrt in den Frühling), wie das Rennen der Profis genannt wird, zu fahren. Während das längste Tagesrennen mit 295 km Länge bei den Profis alljährlich im März ausgetragen wird, findet die Gran Fondo Internazionale der Hobbyfahrer stets Anfang Juni statt. Will ich mir das wirklich antun? Der Reiz ist da. Ja, ich will! Nach der Anmeldung gilt es einen ausreichenden Trainingszustand herzustellen, um diese Strapaze durchzuhalten.

6. Juni 2010, endlich ist es so weit. Eingebunden in das Kulessa-Team des Hessischen Rundfunks warte ich mit einer Teilgruppe vor unserem Hotel am Kongresszentrum in Mailand-Assago. Einige stehen bereits in vorderer Linie der Startaufstellung. Es ist 06:50 Uhr, wir fahren ebenfalls dorthin. Wir schließen auf und befinden uns im letzten Viertel der Startaufstellung. Man hat den Eindruck, wie man es von Rennpferden kennt. Hufe scharren, aufgeregt sein und dann der Gedanke, wann geht es endlich los. Ein irres Gefühl. Die Sicht nach vorne gerichtet. Endlich um 07:00 Uhr die Startfreigabe. Aus dem Kongresszentrum hinaus in Richtung Pavia. Erst einmal einen Kreisverkehr passieren. Aber Vorsicht! Im zweiten Kreisverkehr soll rechts ein Schlagloch sein. Sturzgefahr! Alles geht gut. Prima, nichts passiert. Mein Garmin streikt. Ich bemerke das zu spät. Er hat sich aufgehängt. Das Gerät wird neu gestartet. Die Zeit beginnt ab jetzt zu zählen. Es fehlen die ersten Kilometer in der Aufzeichnung.

Die ersten zwei Stunden verlaufen im Peloton recht angenehm. Die Durchschnittsgeschwindigkeit bei dieser Gruppe lag in diesem flachen Teil der Tour um 38 km/h. Man konnte sich im Wind abwechseln. Nur einige drückten sich vorne zu fahren. Lutscher! Am Wegesrand waren viele platte Reifen zu beklagen. Zwangspause für diese Rennradfahrer. Aber die schlechten Straßen mit ihren Schlaglöchern verlangten ihren Tribut. Und dieses sollte verstärkt bis zum Passo del Turchino so bleiben.

An Voghera, Tortona und Ovada vorbei in Richtung Campo Ligure. Kurz nach Novi Ligure nach rd. 100 km schon gefahren löst sich eine Gruppe von ca. acht bis zehn Fahrern aus dem Pulk. Fahre ich mit? Kurzes Überlegen. Ich entscheide mich und klinke mich ein. Die Geschwindigkeit erhöht sich. Zuerst 40 km/h, um danach mit einem 45er Schnitt weiter zu fahren. Was soll das? Habe ich die richtige Entscheidung getroffen? Das Tempo ist mir im Prinzip zu hoch. Typischer Anfängerfehler, über dessen Stadium ich eigentlich hinaus sein sollte. Nach einer guten Viertelstunde werde ich von meinem Körper bestraft. Inzwischen sind 107 km gefahren und ich bekomme einen Wadenkrampf, doch bleibe verschont, nicht anhalten zu müssen. Ich muss mich zurückfallen lassen. Noch vor Ovada werde ich von der nachfolgenden Gruppe einkassiert.

So, jetzt aufpassen. Du darfst keinen Krampf mehr bekommen. Lieber noch zwei Gels verzehren. Die Geschwindigkeit, die jetzt gefahren wird, ist in Ordnung - durchschnittlich 34 km/h Wir fahren in der Po-Ebene weiter. Bis Campo Ligure kann ich meine Wadenkrämpfe kontrollieren, ohne absteigen zu müssen. Plötzlich ist es vorbei. Es geht nicht mehr. Ich muss absteigen und durch dehnen versuchen, diesen Zustand wieder zu ändern. Das Feld zieht vorbei. Sch... Danach fahre ich weitgehend allein bis zur ersten Verpflegungsstelle. Wasser trinken, die Flaschen füllen, Bananen-, Apfelsinen- und Kuchenstückchen essen. Einfach nur erholen.

Mit Sportkameraden aus dem HR-Team fahre ich schließlich weiter. Im zeitlichen Verlauf holen mich die Wadenkrämpfe auf der Steigung des Passo del Turchino ein. Drei Mal absteigen ist bis zum legendären Turchino-Tunnel angesagt. Tunneldurchfahrt und dann der schöne Ausblick auf Genua. Nun geht es ca. 12 km hinunter. Eine grandiose Abfahrt. Aber was habe ich davon. Ich empfinde es nicht so berauschend. Ich lasse mich rollen. Nur keinen Krampf bekommen. Vielleicht noch etwas kurbeln. Etwas geht noch. So kann ich noch mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h hinunter fahren. Reihenweise werde ich von anderen Teilnehmern überholt. Welch ein Frust.

In Genua-Voltri angekommen, sofort an der nächsten Kreuzung wieder ein Krampf. Na ja, das warst dann. Die nächste Bahnhofsstation anfahren und mit dem Zug nach San Remo fahren. Doch dann die Überraschung. Das Gewusel in den Straßen von Genua und den folgenden Orten lässt meine Waden entkrampfen. Ich kann wieder weiter fahren. Jetzt ein paar Gels. Die Option, jederzeit eine Bahnhofstation aufzusuchen, bleibt. Nur nicht den Anschluss verlieren. Genua-Crevari, 12:15 Uhr, 5:03 Stunden gefahren und 155 km zurückgelegt. Wenigstens 200 km schaffst du jetzt. Ab und zu ereilt mich wieder ein Krampf. Aufhören? Nein! Ich spreche mit mir. Wer hat es eigentlich zu sagen? Mein Wille oder mein Körper, der sich sporadisch aufbäumt? Die Antwort lautet, mein Wille. Da musst du durch. Nur nicht aufgeben. Diesen Gedanken überhaupt nicht mehr zulassen.

An der Riviera entlang erreiche ich nach der zweiten Verpflegungsstelle Alassio Centre um 15:51 Uhr. Ich bin laut meinem Garmin 8:40 Stunden unterwegs und 234 km gefahren. Die Krämpfe haben sich inzwischen weitgehend verflüchtigt. Ich muss nicht mehr absteigen und kann mental meinen Körper wieder kontrollieren.

Das Schlimmste ist überstanden. Nun eine Gruppe suchen, mit der ich gegen den von vorne blasendem Wind fahren kann. Die Gruppe ist gefunden. Wir wechseln uns in der Führungsarbeit ab. Unterschiedliche Tempopassagen gestalten das Fahren entlang der Küste. Gefährlich sind jedoch die Ortsdurchfahrten. Es scheinen alle Verkehrsregeln außer Kraft gesetzt worden zu sein. Rote Ampeln und Zebrastreifen finden so gut wie keine Beachtung; sie werden einfach ignoriert. Aber auch die Polizei winkt uns durch. Dazu eine neue Erfahrung. Rechts fahren in den Ortschaften ist zu gefährlich für die Rennradteilnehmer. Auf die linke Spur gehen, an den im Stau stehenden Fahrzeugen vorbei. Entgegenkommende Fahrzeuge fahren äußerst rechts. Es bildet sich zwischen den Fahrzeugspuren eine Gasse in einer Breite von zwei Rennrädern.

Nur noch den Capo Mele und Capo Cerve überwinden. Eine Verpflegungsstelle noch. Dann wird es hart. Stehe ich das durch? Klar! Jetzt kommt nichts mehr dazwischen. Die Verpflegungsstelle ist erreicht. Flaschen mit Wasser füllen. Jetzt eine Cola, noch etwas essen. Bananen- und Orangenstückchen, etwas Süßes. Nach 10 Minuten Pause kann es um 16:33 Uhr weitergehen.

Die erste Herausforderung nach dem letzten Stop ist Capo Berta. Kurz vor der letzten Kurve lege ich eine Verschnaufpause ein. Zwei Minuten, dann weiter. Der Ort Imperia ist nicht mehr weit. Nun habe ich wieder meinen runden Tritt. Von Krämpfen keine Spur mehr, hochfrequent treten.

17:23 Uhr, 273 km gefahren, der 5,6 km lange Aufstieg nach Cipressa beginnt, der zu diesem Zeitpunkt auch von den Profis gefürchtet wird. 17:49 Uhr, an der Kontrollstelle vorbei, steil bergab. Mit bis zu 45 km/h und geschätzter Temperatur von 30° C fliege ich fast den Berg hinunter und werde für den quälenden Aufstieg belohnt. Wieder auf der Hauptstraße angekommen noch einmal vier Kilometer, um danach den Schlussanstieg zum Poggio aufzunehmen. Super Gefühl, du hast es bald geschafft. Es ist 18:16 Uhr, der Anstieg fühlt sich vergleichsweise leicht an. Lächerliche 3,7 km hinauf. Nun hat die Schinderei bald ein Ende. Um 18:36 Uhr ist der Poggio bewältigt. Ich befinde mich wieder auf der Hauptstraße in Richtung Ziel. Sechs Minuten später ist es nach 298 km erreicht. Ich durchfahre den Zielbogen. Meine Empfindungen sind kaum beschreibbar. Das Erreichte bewirkt ein hohes Maß an Zufriedenheit, gepaart mit einem großen Gefühl an Stolz.

Letztendlich drücke ich Günther noch meine Hochachtung für Organisation der Fahrt mit allen seinen Kleinigkeiten aus.

 

2010 Mailand-Sanremo

Bericht von und über Konrad Hötschl
„beste Platzierung“...im Bus (direkt neben den Keksen)

Hallo Sportfreunde,
das erste mal dabei, angekommen (gerade noch auf die Matte gefahren) und begeistert!!!
Begeistert war ich allerdings vom ersten Moment der Anmeldung an....
und das muß sich Günther Kulessa und sein Familien-Orgateam auf
die Amateur-Fahne schreiben lassen!
Suuuuuuper Betreuung – telefonisch, per Mail vorher, mit genauen Wetterdaten
und nachher mit Sofort-Ergebnissen,
persönlich im Bus, z.B. kulinarisch mit Kuchen,
Nüsschen,Wasser, Apfelschorle und dergleichen mehr...
und nicht zu vergessen der Abschluß-Piccolo zum geselligen Anstoßen
auf die verletzungsfreie, erfolgreiche Teilnahme an dem Traditions-Radrennen.
Beim Einladen der ganzen Köstlichkeiten in den Bus,
wimmelte das Familien-Team Kulessa , nur so hin und her
und schleppte kistenweise "Energie" an.
Es blieb dann doch noch ein wenig Platz im Stauraum,
sodass auch die Taschen und Rucksäcke der Teilnehmer Platz fanden
und nicht zurück gelassen werden mußten.
So ein Ehrenamt macht sehr viel Arbeit, welche man nicht immer sieht
und man sollte nicht vergessen, dass Capo Günther ja auch als
aktiver Rennradler am Start war. Chapeau an dieser Stelle!
Übrigens wurde er sogar gesehen, als er auf der Strecke
anderen Fahrern zu Hilfe kam.
Ganz begeistert war ich auch von dem Detail, dass die beiden Busfahrer
beim Festzurren der wunderschönen Räder, extra Handschuhe angezogen hatten.
Eine kleine und aufmerksame Geste gegenüber sensiblen Eigentümern.
Böse Zungen behaupten,mit einem Augenzwinkern, dass die Beiden
keine Fingerabdrücke hinterlassen wollten...wird wohl stimmen,
wenn auch aus „guten“ Gründen!
Schließlich hatte jeder das Rad auf Hochglanz gebracht.
Zum Rennen selbst kann ich nur sagen...
nach flotten 150 km ging er los: der Kampf mit dem Krampf!!!
Ich hatte bis dahin nicht gewußt, dass man 153 weitere km mit Krämpfen fahren kann.
Manchmal war mir schon sehr nach Aufgeben zumute...aber,
dann sandte mir der Schutzpatron der Rennradfahrer „Fausto Coppi“,
gleich zwei Engel....in Gestalt von kleinen, untersetzten,
modisch gekleideten Italienern auf einer Vespa!
Als ich von Krämpfen gebeutelt am Wegrand stand „fragte“ der erste Vespa-Italiener
wild gestikulierend, was los sei....ich gestikulierte zurück und er verstand.
Sofort wendete er seinen Roller, stoppte , sprang ab und
fing an meine Beine zu kneten und die Muskeln zu lockern.
Er machte das so gut, dass ich ohne fremde Hilfe wieder aufsteigen
und weiter strampeln konnte. Danke Fausto!
Der zweite Schutz-Italiener traf mich an, als ich an einer Mauer lehnte;
unfähig vom Rad zu krabbeln, weil beide Beine vorne und hinten,
oben und unten krampften. Er sprang ebenfalls flott von der Vespa
und erklärte mir, dass da nur ein Espresso helfen könne.
Zufällig gehörte die Mauer zu einem Cafe und er sprintete los um
mir den Espresso zu holen. Unentgeldlich! Bella Italia!
Ein Wunder geschah!
Tatsächlich konnte ich nach einer Weile wieder an-und weiterfahren!
Grazie Coppi!
Das Foto ist im Zielbereich entstanden und ich glaube man kann
darauf gut meinen verkrampften Gesichtsausdruck erkennen!!!
Wenn es aber geschafft ist und die Erinnerung anfängt zu
vergolden , wird man wieder übermütig und sieht schon mal
im Terminkalender nach, ob der 05.06.2011 noch „frei“ ist.
Die radelnden Cousins sind auch schon auf die Kulessa-Web-Seite „angesetzt“ worden.
Jetzt muß nur noch die „Familie“ mitmachen.
Aber das krieg ich hin!!! Vielleicht hilft Rennrad-Patron Fausto nochmal!


Mille Grazie - Coppi, Vespa-Engel ,Günther und Familie Kulessa -
sagen Konrad Hötschl und Ute Pfeffer
 

La Classissima Milano - Sanremo ´10

Ein Bericht von Relef Tantzen

Nachdem wir in diesem Jahr bereits RTF's in den Niederlanden und Belgien unter unsere Räder genommen hatten, wollten Ulrike und ich mit der Tour Mailand - San Remo nun erstmals eine italienische Veranstaltung besuchen. Um es vorweg zu nehmen: Auch diese Veranstaltung nennt sich zwar RTF und in den Regeln wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass kein Rennen gefahren wird, aber dies ist wohl nur eine versicherungsrechtliche Formalie. Tatsächlich handelt es sich durchaus um ein Rennen, mit Zeiterfassung über Transponder, mit Zielschluss, Siegerehrung und Ergebnisliste. Die Strecke hat eine Länge von 295 Kilometern und gefahren wird auf der Originalstrecke der Profis im Frühjahr. Absperrungen gibt es natürlich nicht, ist ja eine RTF...

Schon allein wegen der Entfernung zwischen Sittensen und Mailand bzw. San Remo verbat sich natürlich eine private Organisation. Die Tatsache, dass es sich um eine Point-to-point-Strecke handelt, macht es nicht einfacher, allerdings organisiert der Veranstalter für 40 Euro nach der Tour einen Rücktransport per Bus nach Mailand.

Wir hatten eine Reise vom 05.-07.06. gebucht über Günther Kulessa von der Betriebssportgruppe des HR und wir können diese Art der Teilnahme nur empfehlen. An alles war gedacht, es gab quasi eine Rundumversorgung und Betreuung, wie wir sie noch nicht kennengelernt haben. Für jeden Teilnehmer gab es ein T-Shirt mit persönlichem Namenszug und Streckenprofil



zum besseren Kennenlernen (zusätzlich noch ein Renntrikot - sehr stylish, auch mit Namenszug), Kuchen, Süssigkeiten, Kaffee, kalte Getränke im Bus, alles da und zwar bis zur Rückankunft einschließlich.

Am 05.06. ging es gegen 06:00 von Frankfurt aus los mit einem komfortablen Bus
einschließlich Radanhänger, mit dem die Räder sicher transportiert wurden. Nach zwei Zwischenstopps mit der Aufnahme weiterer Fahrer und Durchquerung der Schweiz, waren wir dann gegen 17:00 in Mailand in unserem Hotel (4 Sterne), das gleichzeitig das Race-Hotel war und vor dessen Haustür die RTF gestartet wurde.



Da sich in unmittelbarer Nähe ein Riesen-Einkaufszentrum befand, bestand noch die Gelegenheit, letzte Einkäufe zu tätigen.

Gegen 19:00 erfolgte dann die Ausgabe des Racetrikots, der Startunterlagen, des Transponders etc..Auch vom Veranstalter selbst gab es ein Renntrikot, das im Startgeld von 45,-- Euro enthalten war. Farblich (flieder) zwar für unsere Augen etwas gewöhnungsbedürftig, aber auch hier vom Stil super, mit Streckenprofil auf dem Rücken etc.. Von Günter Kulessa erhielten wir dann noch zwei zusätzliche Trinkflaschen, mehrere Powerbar-Gels und -riegel.

Gegen 20:00 fand dann eine Pastaparty im Hotelbereich statt, die mit unseren Pastapartys nicht zu vergleichen war. Im Grunde ein Büffet mit mehreren Essen und Dessert (mehrere Kuchensorten), einschließlich Aqua und Tischwein. Aber schnell musste man sein, nachgelegt wurde so gut wie kaum.

Nachdem wir dann noch alles fertig hingelegt hatten (Räder auf dem Zimmer),



war gegen 04:15 Aufstehen angesagt, um ab 05:00 zu frühstücken. Frühstück vor der RTF bedeutete einschließlich Nudeln und Spaghetti



(die von den Italienern übrigens mit Olivenöl gegessen wurden). Dann wurden die persönlichen Gegenstände in den Bus verbracht, um sich mit den übrigen der ca. 800 Teilnehmern in den Startbereich einzusortieren. Vorher wurden noch die Transponder auf einer Matte getestet.



Da wir doch recht zeitig erschienen waren, standen wir ungefähr mittig. Pünktlich um 07:00 und bei ca. 20 Grad Lufttemperatur ging es dann los, wobei wir gegen ca. 07:05 die Startlinie überquerten.

Ein Führungsfahrzeug vorneweg



und gruppenweise dann hinterher. Am Anfang hatten wir eine schöne Gruppe im 34er/35er Tempo, bei der wir uns gut hätten aufhalten können, allerdings machte der Abnehmer von Ulrikes Tacho Krawall, wir mussten rechts ran und weg war sie. Allerdings stiegen wir dann in eine neue Gruppe ein, die ein 32er/33er Tempo fuhr, das für unseren Geschmack etwas zu langsam war, zumal man für die Strecke nur 12 Stunden Zeit hatte, also ungefähr 25er Schnitt und der vielleicht nicht anstrengendste, aber zeitaufwändigste Part lag auf der zweiten Streckenhälfte. Es musste also etwas rausgefahren werden, was die Cracks auch machten, die bis zur ersten Verpflegung bei ca. 130 Km penetrant über 40 Km/h fuhren.

Für mich stellte sich dieses Problem nicht, da bei mir wieder einmal der Defektteufel zuschlug und zwar bereits bei ca. Km 10.45: Platten vorne. Sonst immer hinten, jetzt vorne. Das hatten wir wohlweislich geregelt. Taktik war: Ulrike fährt weiter und ich komm hinterher. Gesagt, getan. Relativ schnell für mich in 8-10 Minuten war alles fertig einschließlich verpacken und los gings. Einzelzeitfahren sozusagen in einem Tempo zwischen 32 Km/h und 34 Km/h, immer in der Hoffnung, irgendwann auf einen langsameren Teilnehmer aufzufahren. Aber der kam nicht! Statt dessen musste ich feststellen, dass die Italiener von einer RTF-Beschilderung doch eine andere Auffassung haben als wir in Deutschland. 20-30 Km nichts, um dann auf 100 Metern bei keiner anderen Fahrmöglichkeit 3 Aufkleber anzubringen. Gelpackungen, abgefallene Flaschen, Teamfahrzeuge, die ihre Fahrer mit Defekten aufnahmen etc. zeigten mir wie bei Hänsel und Gretel, dass ich noch richtig war. Noch. Denn die Einschläge kamen immer näher. Einen Kreisverkehr musste ich bereits dreimal fahren, um den richtigen Ausgang zu erwischen, dann hatte es mich aber erwischt.

Die ligurischen Berge sollten nach der ersten Verpflegung überquert werden bei ca. Km 145 über den Passo del Turchino über eine Kreisstraße, während ich die Überquerung via "Bundesstraße" (ST 35) über den Passo dei Giovi vornahm. Nur ganz am Rande: obwohl es hierauf nicht darauf ankam, war das schon geschummelt. Der Giovi erreicht die Höhe des Turchino nicht und hat mit ca. 26:36 einen deutlich niedrigeren Score.

Allerdings hatten die Fahrer der richtigen Route weitaus größere Vorteile. Man startet in Mailand auf einer Höhe von 113 m, um den Turchino bei 532 Metern durch einen Tunnel zu überqueren und sich dann auf einer 12 Km Abfahrt auf 0 Meter herabzustürzen und in einem Vorort von Genua Richtung San Remo zu landen.

Ich allerdings fuhr seicht den Giovi hinab und landete mitten in Genua, ohne dass eine Beschilderung zu erkennen war, wie es überhaupt weiterging. Schließlich befand ich mich im Passagierhafen. Jetzt musste erst einmal ein Notstopp her. Abgesehen davon, dass Mineralwasser aufgefüllt werden musste, erste Telefonierversuche. Bereits erste unbeantwortete Anrufe auf meinem Handy, aber keine Kontaktaufnahme möglich. Auch nicht über eine uns zur Verfügung gestellte Notfallnummer. Immer nur: Hallo, ich kann Sie nicht verstehen. Und die Zeit lief und lief und lief. In einem Restaurant endlich eine englischsprachige Bedienung gefunden, die mir die Straße nach San Remo zeigte. Völliges Unverständnis, dass ich dorthin mit dem Rad wollte (noch ca. 150 Kilometer). Noch einmal in Genua-Ausgang gefragt, ob ich nach San Remo richtig sei. Ja, alles klar, aber ob ich sicher sei, dorthin mit dem Rad zu wollen. Ja, ich solle aber nicht zu weit fahren, dann würde ich noch in Frankreich landen...

Aber dann gings weiter, mehr als 130 Kilometer über die Küstenstraße Richtung San Remo. Dass ich noch einen weiteren Reifendefekt hatte, will ich hier nur am Rande erwähnen. Ich vermutete ein schadhaftes Felgenband und benutzte einen Teil einer Serviette, um einen dritten Schlauchwechsel überflüssig zu machen. Klappte dann. Und Ulrike telefonisch erreicht, nachdem es mir zuvor gelungen war, erstmals per Handy eine SMS abzusetzen.

Bei Kilometer 226 nochmals Aqua gekauft und Notpause gemacht, da ich ernährungsmäßig total unterversorgt war. Im Grunde die ganze Tour nichts gegessen mit Ausnahme von 400 Gramm Aldi-Gelees und einem Bissen Powerbar-Riegel, woraufhin mir schlecht wurde. Ein halber Liter Aqua half dann aber.

Die Küstenstraßentour hatte es dann aber in sich. Überall entweder Industrieorte oder Ferienhochburgen. An mindestens 50 roten Ampeln und weiteren 50 Fußgängerüberwegen musste ich halten, wo vor mir die Gruppen sich entweder selbst den Weg gebahnt hatten oder sogar von Polizisten durchgewunken wurden.

50 Kilometer vor dem Ziel dann noch ein Tunnel, der von Radfahrern nicht passiert werden durfte. Der grüne Streckenpfeil war schon abgenommen, so dass ich nicht wusste, dass ich da hätte fahren dürfen. Einmal durch den Ort und wieder gefragt. Und wieder die Zeit... Und schließlich das erste Schild: San Remo 27 Kilometer. Und es wurde langsam dunkel. Gas geben Dann endlich wieder ein grüner Pfeil: rechts ab. Ah, keine Abgase mehr, keine Autos, kein Verkehr. Nein, jetzt gings es kurz vor Schluss von Null auf den 240 Meter hohen Cipressa und dann im Halbdunkel wieder runter auf die Küstenstraße. Etwas sauer auf die Streckenbauer, hätte ja nicht sein müssen. Dann endlich ein Schild San Remo 5 Km.

Auf einmal kommt mir auf einem Moped ein älterer Polizist entgegen, laut palavernd und weg war er.Ich dachte, er schimpft wegen fehlender Beleuchtung. Er fuhr immer links von mir und redete und redete. Ich verstand nichts. Auf einmal winkte er mich rechts raus. Links abdeckend, so dass ich nicht geradeaus fahren konnte. Und da sah ich es: ein weiteres gelbes Streckenschild, ich musste unweigerlich noch den 162 Meter hohen Poggio di San Remo hoch. Wie ich später erfahren habe, war es Job des Polzisten, den letzten Fahrer abzufangen.

Also hoch, innerlich fluchend, der Anstieg war nicht ohne. Hier fahren die Profis schon noch einmal Attacke, um eine Sprintankunft zu vermeiden. Dann wieder ab, nahezu bei Dunkelheit, aber ab und zu im Schein von Laternen. Und dann rein nach San Remo gegen 21:30. Um 22:00 endlich im Hotel.

Für Statistiker: Strecke offiziell: 295 Km, mein Tachostand: 325,5 Km. Die Angaben zu den Höhenmetern schwanken zwischen 1.800 und 2.250. Sieger: Michele Mascheroni in 7:49:21.00=37.58.

Also: im nächsten Jahr nicht gerade wieder, weil wir etwas anderes vorhaben, aber dann wird einmal auf Angriff gefahren.

 

La Classissima Milano - Sanremo ´10

Ein Bericht von Ulrike

Nachdem ich Konkursus schon nach den ersten 10 km verloren hatte, begann mein eigenes Abenteuer. Ich blieb bei unserer relativ großen Gruppe, die gnadenlos rote Ampeln, Zebrasteifen und ähnliche störende Elemente ignorierte. Die Italiener waren darauf voll eingestellt, hielten respektvoll Abstand und verzichteten auf ihre Vorfahrt, sogar ein Linienbus blieb mit Sicherheitsabstand stehen. Vereinzelte unwissende ausländische Teilnehmer, die bei roten Ampeln anhielten, hatten Pech und mussten sehen, wie sie wieder Anschluss an die vorbeirauschende Gruppe bekamen.

Die Straßen auf den ersten ca. 100 km befanden sich in einem katastrophalen Zustand, dagegen war das Velothon der reinste Lacher. Kein Wunder, dass schon nach kurzer Zeit gestürzte und von Pannen heimgesuchte Mitfahrer reihenweise am Straßenrand standen.

Auch ich wurde mit ein paar anderen Opfer der z. T. chaotischen Beschilderung. In einem Kreisverkehr folgte ich mit einigen anderen Deutschen einem gelben Schild, während ein mitfahrender Italiener eine unbeschilderte Straße nahm. Das machte uns glücklicherweise stutzig und bei genauerem Hinsehen zeigte sich, dass das Schild zu einer anderen Veranstaltung gehörte, also schnell umdrehen und hinter dem Italiener her.

Nach ca. 135 km kam die erste "Vollverpflegung", wie es so schön auf den Schildern hieß, die allerdings nicht besonders umfangreich war. Es gab Wasser, Tee und Isogetränke, Bananen, Orangen, Honigkuchen, mit Vorsicht zu genießenden italienischen Kuchen und eingeschweißte Schoko-Croissants.



Das Angebot entsprach offenbar auch nicht unbedingt dem Geschmack aller Italiener, sodass auch gerne Eigenverpflegung mitgenommen wurde.



Am Pass und der langen steilen Abfahrt zum Mittelmeer fiel die Gruppe auseinander. Es war dann ganz angenehm, ab und zu eines der auffälligen rot-schwarzen Kulessa-Team-Trikots zu sehen.

Nach der Abfahrt begann der härteste Teil der Strecke, die Küstenstraße. Es herrschte starker Verkehr besonders von Badegästen, sodass in kleineren Ortschaften ein Vorankommen nur noch im Stop and Go - Verkehr möglich war. Besonders schlimm waren die Abgase. Ab und zu mussten zwischen den Ortschaften Felsen umfahren werden,



eine kleine Erholung, weil der Verkehr dort für kurze Zeit stark nachließ.

Inzwischen wurde ich zunehmend nervöser, weil Konkursus noch immer nicht aufgetaucht war. Ich hielt des öfteren an, um ihn telefonisch zu erreichen und erhielt dann per SMS "Verfahra". Da Konkursus zuvor noch nie in seinem Leben eine SMS geschrieben hatte (Allergie gegen moderne Elektronik), musste schon ein extremer Notfall vorliegen. Meine Nervosität steigerte sich enorm und ich versuchte alle 5 - 10 Minuten erneut, ihn zu erreichen. Perfekt wurde der Stress dadurch, dass bei km 195, wo eigentlich die 2. Verpflegung sein sollte, weit und breit nichts zu sehen war, sodass ich nun befürchtete, mich ebenfalls verfahren zu haben. Also bei allen Schildern angehalten, um die Richtung mit dem Streckenplan zu vergleichen. Leider war die RTF-Beschilderung an der Küstenstraße nicht besonders ausgeprägt. Manchmal kam mehr als 20 km garnichts. Quälend waren auch die vielen Eisdielen und -stände am Wegesrand. Ab und zu kam das dringende Bedürfnis, einfach anzuhalten und mit einem riesigen Eisbecher auf Konkursus zu warten.

Die zweite Verpflegung kam dann nach ca. 205 km.



Dort traf ich dann auf diese beiden netten Jungs, die unbedingt ihre dampfenden Füße untersuchen mussten.



Den restlichen Weg legten wir größtenteils gemeinsam zurück. Bei einem weiteren Telefonversuch klappte es schließlich und ich hörte zu meiner Erleichterung, dass Konkursus inzwischen auf dem richtigen Weg gelandet war. Da ich zu dem Zeitpunkt noch hoffte, das Zeitlimit einhalten zu können, wartete ich nicht, sondern versuchte, schnell weiterzukommen, was wegen des zunehmenden Verkehrs auf der engen Straße immer schwieriger wurde. Hinterher erfuhr ich, dass es besser gewesen wäre, in der Straßenmitte zu fahren (aber wohl auch gefährlicher).Es kam dann ca. 40 km vor Schluss (auch wieder mit falscher km-Angabe die dritte Verpflegung), die auch von einem bereits gut besetzten Besenfahrzeug angesteuert wurde. Unser Dreier-Team hatte an einer Mitnahme kein Interesse, sondern machte sich mit dem Slogan "Wir fahren durch bis morgen früh .." wieder auf den Weg. Irgendwann war dann auch San Remo ausgeschildert. Aber die RTF-Schilder, die plötzlich wieder zahlreich vorhanden waren, zeigten in eine andere Richtung, herauf nach Cipressa. Meine Begleiter wären lieber auf dem direkten Weg weitergefahren und wollten sich nicht so recht davon überzeugen lassen, dass Cipressa auslassen das gleiche wie eine Mitfahrt im Besenfahrzeug ist. Der anstrengende Anstieg wurde durch einen fantastischen Ausblick auf die Mittelmeerküste belohnt. Die Abfahrt führte zurück auf die Küstenstraße, wo kurz darauf zwei wild herumfuchtelnde Streckenposten darauf bestanden, dass wir noch einen weiteren Schlenker über den Poggio machten. Dort musste der Bär losgewesen sein. Die Straße war mit Parolen beschriftet und eine letzte 10%-Abfahrt führte endlich direkt zum Ziel auf dem Marktplatz. Als wir eintrudelten, wurde gerade die Zeitmessung abgebaut. Glücklicherweise war aber noch die Transponderrückgabestation im Einsatz.

Und nun kam das dicke Ende. Den Zettel mit der Wegbeschreibung zum Hotel hatte Konkursus, weil seine Satteltasche größer war. Der eine Mitfahrer hatte eine Privatunterkunft und der andere hatte nicht daran gedacht, den Hotelzettel mitzunehmen, wusste aber wenigstens, dass es das Grand Hotel war. Da es kaum englisch bzw. deutsch sprechende Personen gab, wurden wir mehrfach in die Irre geschickt. Als ich schließlich gegen 21:00 Uhr das Hotel erreichte, zeigte der Tacho 309 km an.

Das nächste Mal, das es sicherlich geben wird, machen wir es besser. Bis zum Mittelmeer durchheizen, was Beine und Lunge hergeben, da auf der Küstenstraße Zwangserholung garantiert ist, die dann auch genug Kraft für die letzten Hügel gibt. Im Zweifel immer hinter den Italienern herfahren und für den Notfall eine Landkarte bzw. ein GPS mitnehmen. Dann ist das Zeitlimit keine ernste Hürde. Auf jeden Fall werden wir auch nächstes Mal wieder mit Günter Kulessa fahren. Bequemer geht's wirklich nicht.

Näheres zu Günter Kulessa hier


Ulrike

Ein Kommentar von Eckhard Heinemann

 

Hallo Günther,

an dieser Stelle noch einmal einen herzlichen Dank für Deine fürsorgliche "Fernbetreuung" aller deutschen Milano-Sanremo-Fans!
Perfekt!
Und auch den damaligen in der TOUR veröffentlichten subjektiv-kritischen Beitrag zu diesem außergewöhnlichen Radsportevent kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.
Die erste sehr positive Überraschung erlebten wir bei der Registration und Nummernausgabe in Mailand: das Gruppenpaket für uns 5 Fahrer aus Rostock war bereits fix und fertig vorbereitet. Wir brauchten weder lange anstehen, noch uns mühsam einzeln registrieren. Perfekt!
Der Start am Sonntag früh: bei bestem Sonnenschein ging es nach dem Startschuss zwar zügig, jedoch gesittet und unaufgeregt los. Bis zum ersten größeren Anstieg vor der ersten Verpflegung wurde zwar wie irre "geheizt" (nach 125 km hatten wir im großen Spitzenfeld einen knappen 41er Schnitt). Auf Grund der Größe dieses Spitzenfeldes, vieler Kreisverkehre und Hindernisse am Straßenrand mussten wir auch extrem oft und heftig abbremsen, jedoch floss erstaunlich wenig Blut. Im Unterschied z.B. zu den Vattenfall Cyclasics in Hamburg sind hier nämlich viele echte Radsportler am Start, die wissen, wie in großer Gruppe und bei hohem Tempo Rad gefahren wird.
Da wir dann an allen Verpflegungsstationen länger pausierten (wir wollten als geschlossene Gruppe ankommen und im zweiten Teil der Strecke auch die Landschaft genießen) kann ich hier einen anderen Kritikpunkt widerlegen: an allen Verpflegungsstationen gab es auch für Nachzügler reichlich flüssige und feste Nahrung. Über den Geschmack fester Nahrung lässt sich zwar bekanntlich streiten, jedoch gilt hier der Spruch: andere Länder andere Sitten!
Auch die Tatsache, dass wir weite Teile der Strecke Teilnehmer des öffentlichen Straßenverkehrs waren, störte überhaupt nicht. Denn die alte Weisheit wonach der Deutsche fährt, wenn er Recht und der Italiener wenn er Platz hat, beinhaltet auch, dass man hier in Italien miteinander lebt und nicht gegeneinander. Demzufolge warteten Fußgänger an den Überwegen bis wir vorbei waren, auf den teilweise dicht befahrenen Küstenstraßen fuhr der Gegenverkehr zur Seite und selbst im Kreisverkehr befindliche Autos ließen uns gewähren. Alles in Deutschland undenkbare Verhaltensweisen, die uns - bei aller Vorsicht - jedoch ein beruhigend sicheres Gefühl gaben.

Bis zum nächsten Mal!
Eckhard Heinemann
 

Mailand Sanremo für (nicht ganz) Jedermann

Ein Bericht von Michal Müller

http://granfondo.blog.canyon.com/?p=2000&hpcnclc=1542

Mein Saisonhighlight 2010 war ganz klar die Jedermannfahrt von Mailand-Sanremo. Wobei gut ein Drittel der Starter feststellen musste, dass die 300 Kilometer durch Italien eben doch nicht für “Jedermann” geeignet sind und das Rennen vorzeitig beendet haben. Ich habe mich schon lange vorher entschieden, die Wahnsinnsstrecke in Angriff zu nehmen – oder besser gesagt sie zu fahren. Denn aufgeben stand nicht auf dem Plan. Im Laufe des Tages stellte sich aber noch heraus, dass es nicht so einfach werden sollte, sich daran zu halten.

Da das Rennen an sich schon fordernd genug war, habe ich mich entschlossen, die Reise nicht alleine zu unternehmen, sondern habe mich in die Hände des Teams Kulessa begeben, das alles komplett organisiert hat: Anreise, Radtransport und die Rückreise waren in dem Komplett-Paket inbegriffen. Obwohl wir in Frankfurt schon um sechs Uhr morgens losgefahren sind, war die Fahrt insgesamt recht entspannt, so dass wir gegen 17 Uhr ausgeruht in Mailand angekommen sind. Am Abend gab es dann noch eine große Pasta-Party für alle Teilnehmer, auf der wir unsere Energie-Speicher für den kommenden Tag auffüllen konnten.

Am kommenden Morgen darauf bin ich dann schon um 4:00 Uhr aufgestanden, da es eine Stunde später Frühstück gab. Zwei Stunden danach – punkt 7 Uhr – ging es dann für die 800 Fahrer auf die Piste – zum Glück war der Start direkt vor unserem Hotel, so dass ich keine weite Anreise mehr hatte. Ich habe mich gleich zu Beginn des Rennens in einer 70 Mann starken Gruppe festgesetzt und wir sind gemeinsam bei angenehmen Temperaturen von 22° Celsius und mit einem 36er Schnitt bis zur ersten Verpflegung bei Kilometer 125 am Fuße des Passo del Turchino gefahren. Was aber nicht heißt, dass das erste Stück entspanntes Radeln war: Durch den Ziehharmonikaeffekt, den wir jedes Mal bei Kurven und in Kreisverkehren hatten, haben wir hier schon einige Körner auf der Strecke gelassen.

Gegen Mittag stiegen die Temperaturen dann deutlich an und die Sonne brannte auf den Asphalt. Bei 35 Grad Hitze konnten wir nach dem Pass eine traumhafte Abfahrt Richtung Küste genießen. Hier habe ich mich dann mit einigen Fahrern zu einer kleinen Gruppe zusammengetan und wir sind gemeinsam über zwei kleinere Anstiege gefahren. Die ganze Veranstaltung ist ohnehin schon keine Kaffeefahrt, aber wenn man mal bedenkt, dass wir uns in dieser Bullenhitze noch zusätzlich durch die Autos und Motorroller im italienischen Stadtverkehr und durch diverse kleine Ortschaften schlängeln mussten, bekommen die 300 Kilometer nochmal eine ganz andere Bedeutung. Absperrgitter? Fehlanzeige.

Bei der zweiten Verpflegungsstation bei Kilometer 200 musste ich dann eine etwas längere Pause einlegen, da ich mit meinem Magen zu kämpfen hatte. Das Problem dabei war, dass ich jetzt nur noch alleine fahren konnte – und es lagen noch fast 100 Kilometer vor mir. Aufgrund meiner Magenprobleme war mein Körper komplett ausgelaugt und ich hatte mehrfach Krämpfe und Schmerzen in den Beinen. Auf den letzten Kilometern – alleine gegen den Wind – habe ich dann immer mal wieder kurze Pausen eingelegt und habe letztendlich nach rund 12 Stunden die Ziellinie total erschöpft, aber überglücklich im Blick gehabt.

Mein Fazit: ein fantastisches Event, das ich so schnell nicht vergessen werde. Leider hatte ich auf 150 der 300 Kilometer keinen Blick für die fantastische Landschaft und das Meer.

Michael Müller

 

 

 

 

 

 

 

 

Weitere Meinungen, Kommentare und Berichte findet ihr hier !

 

 

 

 
  Copyright © 2007 [Milano - Sanremo]. Alle Rechte vorbehalten. Geändert am: 16. Juni 2010