Bericht eines „Kofferträgers“
Milano-Sanremo 2013 mit
Günther Kulessa
Je öfter man mit Günther Kulessa den Rad-Klassiker
Mailand-Sanremo fährt, desto routinierter und entspannter agiert man - auch
im Vorfeld, z.B. beim Packen,Rad vorbereiten und so weiter.
Schon am
Start-Parkplatz in Frankfurt viele bekannte Gesichter und das eine oder
andere noch nicht gesehene Superneuschönneidischwerd-Rad. Endlich hat man
seine „Herde“ wieder gefunden und macht sich zusammen auf den Weg „ins große
Tal“ und zu den „zähen Bergen“.
Der gute Hirte Günther und sein treuer
Begleiter Busfahrer Andy, unser Italien-Spezialist haben die
Unterwegs-Verpflegung, diverse Getränke und Snacks, am Tag zuvor geladen und
nach dem behutsamen Fixieren der Räder im Spezial-Busanhänger ging es sofort
los.
Erstaunlich, wie genau der Zeitplan erstellt und fast auf die Minute
eingehalten wurde – auch noch nach 1800 km.
Klasse Management...sollten
sich beim Airport Berlin anwerben lassen! Die Fahrt war lang, dunkel und
dösig...um ca.17:00 Uhr war man, wie geplant angekommen.
In Milano – dem
Hotel, vor dessen Pforten der Start der Tour statt finden wird. Bequemer
geht es definitiv nicht!
Unverschwitzt und mit perfektem Outfit tritt man
aus dem Hotel und geht direkt in den Startblock gegenüber. Höchstens muss
mal die Feuertreppe zu Fuß genommen werden, da der Aufzug um die Startzeit
meist blockiert ist.
Als außenstehender Begleiter und Nichtfahrer, konnte
ich dann die Insider-Tricks beobachten;
man stellt sich gegenüber der
Startmenge auf und reiht sich n a c h dem Startschuss gemütlich und lässig,
von der Seite kommend vorne ein. Kann man auch noch auf vielen, weiteren
Metern der Startgeraden praktizieren.
Wer's braucht!
In Deutschland
ginge eine solche „Lässigkeit“ ganz und gar nicht...
man würde
beschimpft, gelyncht oder schlimmer!
Hier nimmt niemand Anstoß – im
Gegenteil;
es wird gegrüßt, Platz gemacht und viel „Forza“ gewünscht...
Forza bedeutet so viel wie Kraft/Stärke und hat Nichts mit irgendwelchen
Winden zu tun.
Überhaupt kann man sagen, dass das Fahrverhalten der
hiesigen Autofahrer die gleiche Toleranz und Radbegeisterung Italiens
wiederspiegelt.
Nach dem Motto:“ Der Deutsche fährt, wo es erlaubt und
der Italiener, wo Platz ist!“
In Deutschland wird ein Radfahrer auch
gerne mal maßregelnd vom Rad geholt oder vorsorglich in den Graben gedrängt;
auf keinen Fall wird man wegen dem radelnden Hindernisdepp über eine
durchgezogene Linie fahren!
In Italien, wenigstens zwischen Milano und
Sanremo, nehmen auch die Polizisten, sofern es irgend geht, positiven Anteil
an dem dynamischen, schnellen Jedermann-Event und versuchen die Radler
sicher über rote Kreuzungen zu leiten. Begleit-Vespas des Hauptfeldes
drängen den Gegenverkehr von der Ideallinie und machen den Weg frei!
Grandioso!!!
Ebenso an den Verpflegungsstellen freundliche, begeisterte
Helfer und Helferinnen...
also wieder das Italien-Wohlfühlprogramm
gebucht, wenn da nicht...
300 km und 1 größerer und 5 kleinere Anstiege
vor einem liegen würden.
Das Wetter und der Wind spielten diesmal
ziemlich gut mit und die Meisten kommen mehr oder weniger trocken, auf jeden
Fall wohlbehalten ins Ziel - Arrivo!
Ich stand im Zielbereich und
versuchte von möglichst allen Teilnehmern Fotos zu machen;
Scusi!
Es
ist mir nicht gelungen und hat mehrere schlechte Gründe:
- die neue teure
Technik (noch) nicht im Griff
- die Kulessa-Fahrer konnten nur erkannt
werden, wenn sie im Team-Outfit fuhren
(an dieser Stelle möchte ich
bemerken, dass Mannschafts-Trikots in einer Gruppenaufstellung sehr
beeindruckend, professionell und psychologisch gefährlich wirkten.)
- die
Sonne ließ nach und ich gab ab ca 17:00 Uhr das Fotografieren im Platzregen
auf. Meine Haut schien im Gegensatz zu der Haut der Radfahrer nicht
wasserdicht zu sein! Im Ziel herrschte babylonisches Sprachgewirr;
emotionales Italienisch begleitet von hochtheatralischer Gestik(ein
Augen-und Ohrenschmaus), Niederländisch, Norwegisch, englisch,
schottisch,schweizerisch, hessisch, schwäbisch, bayrisch und fränkisch!
Rechts hinter den Zielmatten, im Sporteventhaus Palafiori Corso Garibaldi,
bekam man Pasta, Dolce, Cappuchino, Vino, Aqua und Zuspruch.
Hier fanden
auch ab ca. 18:00 Uhr die Siegerehrungen statt. Das Team um Günter Kulessa
erhielt den 1.Platz der Teamwertung und neben einem wunderschönen Pokal und
Blumenbukett gab es dafür jeweils drei Reifen, Luftpumpen und
Helme...Klasse!
Diese Preise wurden auf der Rückfahrt von Capitano
Günther uneigennützig unter den Teilnehmern verlost.
Auf einem
idyllischen Rastplatz entdeckte er das ideale Plätzchen um die Tombola
abzuhalten; mit hübsch gestalteter Blümchenschale, sehr lauschig gelegen an
einer netten Tanke.
Glücksfee Elisabeth zog die Startnummern der
glücklichen Gewinner. Erwähnenswert ist, dass Elisabeth quasi zur
Grundausstattung dieser Tour gehört. Sie hatte(u.a.) die 25te oder mehr
Milano-Sanremo-Tour erfolgreich hinter sich gebracht hat; und zwar mit einem
gefühlt „antiken“ Rad, mit Satteltasche und Maskottchen.
Eine sehr
sympatische Anti-Ausstattung - angesichts geballter Spitzentechnik. Absolut
subjektiv gemeint und nicht repräsentativ für meine Renn-Begleitung Konrad
Hötschl. Günther zauberte zum Anstoßen noch ein Sektchen aus dem Bus und die
Gemeinschaft stieß glücklich auf die unfallfreie, erfolgreiche Teilnahme an.
Salute!
In eigener Sache eine kleine Berichtigung...es erschien mir
wichtig den gleichen Busplatz wie auf der Hinfahrt zu bekommen...ich stelle
fest, es wäre nicht wichtig gewesen.
Dazu gelernt.
Vielen herzlichen
Dank an Günther, dass er mit soviel Herzblut in der Freizeit einen so tollen
Job macht und dieses Rad-Event liebevoll und professionell organisiert.
Herzliche Grüße an den souveränen und sicheren Busfahrer Andreas und seine
Frau Kathlen und an alle Team-Kollegen und Kolleginnen.
Über einen
radfreien Tag in Sanremo oder 30 km weiter in Monaco könnte man mal
nachdenken.
Bis zum nächsten Jahr...gleicher Ort – andere Zeit.
Ute
Pfeffer
(wer Schreibfehler findet darf sie behalten)
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Mailand - San Remo 2013
Ein Bericht von Uwe Trick
Dann will ich auch mal berichten. Nach 2011 noch mal ein Start bei dem
Italienischen Klassiker. Da es aber sehr viele Wiederholungstäter gibt, ist
das nichts Besonderes. Als Einzelfahrer das alles organisieren wäre wohl
mehr als aufwendig, mit Günther geht es super entspannt.
Samstag
Anreise in Mailand. Hotel ohne Flair, aber 4 *** und direkt am Start. Könnt
fast nicht besser sein. Feuertreppe ist auch gleich da, somit braucht man
sich am Morgen nicht am Aufzug anstellen. Alles gut zu wissen und wichtig.
Meine Voraussetzungen waren nicht so gut: Vorbereitung eher schwach,
weniger km als vor 2 Jahren und nur einmal mehr als 100 km gefahren. Mein
Ziel, schneller zu sein wird schwierig mit knapp so 2000 km Vorbereitung.
Aber manchmal kommt es anders als man denkt. Ich kenne die Strecke und
bekomme meinen Plan ziemlich perfekt umgesetzt.
1. Früh an den Start.
Um 06.10 stand ich so in der 3. Reihe vorne, umgeben von Italienern und
Holländern mit Material, dass man neidisch werden könnte. Mit stärker
konturierten Waden und weniger Gewicht. Egal. Ich steh halt auch da. Als es
los geht, bin ich gleich ziemlich weiter hinten, da sich einige von der
Seite rein drängen. Aber am 1. Kreisel, der komplett zu umfahren ist, kürzt
vor mir ein Italiener innen ab. Also dem nach und schon wieder vorne dabei…
2. Vorgabe: Mitschwimmen, dabei bleiben. Nicht jede Spitze voll
mitgehen. Langsam Plätze verlieren ist ok. Aber das Plätze verlieren geht
schneller als einem lieb ist und trotz vollem Einsatz rutsche ich immer
weiter nach hinten, einfach weil ich die Spitzen beim Antreten gar nicht
voll mitgehen kann. Da fehlt einfach Power. Man merkt, dass viele Rennen
fahren. Die fahren durch Lücken, die für mich nicht da sind. Wieder andere
sind dabei, die können keine Spur halten, was bei so einem riesen Feld immer
wieder zu Geschrei - Bremsen - dann wieder Antreten führt. Bei jedem Kreisel
oder Hindernis aufs Neue.
Irgendwann bin ich doch recht weit hinten,
komme aber durch glückliche Fügungen immer wieder vor. Einmal dient auch ein
Gehweg dazu. Das Feld steht fast und ich rase einem auf dem Gehweg hinterher
ums Eck und bin plötzlich wieder gut platziert. Prima.
Manchmal
leuchtet unterwegs ein rotes oder schwarzes Kulessa Trikot aus vergangenen
Tagen, man klopft sich auf die Schultern, freut sich und hat wieder
zusätzliche Motivation. Die ist nötig, denn außer high-speed hat der erste
Teil bis zum Turchino wirklich fast nichts zu bieten. Es gibt noch die
ständigen Gefahr, sich auf dem Asphalt lang zu machen. Leider gab es auch
mehrere Stellen, wo einzelne rum lagen. Also höchste Konzentration und wie
sagt Günther immer: Lieber mal einen Tritt auslassen. Ansonsten wirkt alles,
Straßen, Ortschaften und Landschaft, irgendwie heruntergekommen. Nichts,
warum man hier sein müsste. Erst als es den Turchino hoch geht, wird die
Landschaft schöner. Am Fuß des Turchino war ich bei 38,9 km/h im Schnitt.
Trotz vielem Bremsen unterwegs. Der Hammer.
3. Vorgabe. Anhalten an
der Verpflegung und langsam den Turchino. Schnell Getränke auffüllen, eine
Hand voll Trockenfrüchte ins Trikot, Waffel in die Hand und weiter.
Standzeit an den 3 Laben zusammen ca. 5 Minuten. Den Turchino „gemütlich“
hochfahren. Erholen. Lieber von allen überholen lassen. So bin ich ihn auch
(fast) gefahren. Irgendwann dann noch mit einer Gruppe mit. Oben rüber, 2
Autos und Radler überholt und dann die Straße alleine gehabt. Der Traum.
Guter Belag, Kurve auf Kurve. Herrlich. Unten das Meer. Jetzt geht es
richtig los und Jetzt wird es auch richtig schön.
4. Immer fahren,
zur Not allein, mein bestmögliches Tempo, ohne zu überdrehen. Auch zu Beginn
gibt es 2 schöne Hügel, die das Profil nicht ausweist. Schnell, nicht am
Anschlag fahren. Irgendwie habe ich trotzdem immer Gruppen gehabt, wenn auch
mit wechselnder Besetzung. Es macht Spaß, an der Küste entlang zu ballern.
Links Autos, rechts Autos, in der Mitte durch. An vielen Kreuzungen stehen
Polizisten, wo keine stehen, fahren wir trotzdem. Ich kann mich nicht
erinnern, auf der ganzen Küstenstraße an einer roten Ampel angehalten zu
haben. Bei größeren Gruppen ist es entspannend, weit vorne zu fahren, um
Überblick zu haben und besser reagieren zu können. Wer hinten fährt muss
bremsen und mehr investieren. Immer hoch konzentriert und bremsbereit. Auch
hier mal einen Radfahrer auf dem Asphalt bzw. schon auf einer Bahre liegen
sehen. Man hält einen Tritt inne, aber trotzdem rast alles weiter.
Es kommen die kleinen Capos: Mele, Cervo und Berta. Ich brauche was zu
trinken, muss bei der Capo Cervo an der Verpflegung anhalten. Mist. Alles
fährt weiter. Auch wenn es richtig schnell geht, ist die Gruppe weg. Keine
Chance. Aber ich sammle wieder andere auf, von hinten kommen welche, es ist
immer bald wieder ein Grüppchen zusammen.
5. Cipressa + Poggio:
Raushauen, was noch geht. Zu meiner Überraschung geht es mir richtig gut.
Die Steigungen sind angenehm fahrbar. Obwohl es mir schnell vorkommt, wie
ich da rauf fahre, überholen mich erst mal zwei andere (Seufz). Aber dann
kommt von hinten nichts mehr. Es ist richtig schön hier und obwohl ich mit
Volldampf unterwegs bin, kann ich immer wieder auch einen kurzen Blick
hinunter aufs Meer geniesen. Die Abfahrten sind der Traum. Alles gute
saubere Straßen mit vielen Kurven. Unten stehen jeweils mehrere Polizisten.
Mit fast 50 km/h sause ich zurück auf die Küstenstraße und weiter geht’s.
Nach knapp über 9 Std. im Ziel. Ein Schnitt von sagenhaften 32,65 km/h.
Das ist sonst jenseits aller Realität, und das nach 300 km. Hat Spaß
gemacht. Bereits im Ziel denke ich über 2014 nach.
Uwe Trick
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Mailand - San Remo 2013
Ein Bericht von Carl Ertl
Der RTF von Mailand nach San Remo ging für mich schon etwas früher los …
… in meiner Kindheit, im östlichen Teil der Republik, gab es damals
einen Film – „Schussfahrt nach San Remo“. Allerdings führte damals das
Rennen von Paris nach San Remo. Ich glaube alle Kinder und Jugendlichen
haben damals diesen Streifen gesehen. Und vor lachen quer in den Bänken
gelegen. In diesem Zusammenhang tauchte der Name – San Remo das erste Mal in
meinen Leben auf.
Viele Jahre später habe ich bei einer Benefiz
Radtour einen älteren Mitradler getroffen, der an der RTF Mailand - San Remo
teilgenommen hatte und diese Veranstaltung als sehr gut beschrieb. Da merkte
ich, dass ich auch einmal in diesem San Remo stehen will!
Das kleine
Feuer wurde „zwischendurch“ u.a. durch Eric Zabel am lodern gehalten, der
dieses traditionsreiche Rennen gewann.
Und auf dem Asphalt, auf den
(Schweiß-)Spuren der ‚Großen’ einmal einen Klassiker zu fahren, wäre schon
eine tolle Sache.
Da ich eher ein Rad-Neuling bin, ursprünglich komme
ich zwar auch aus dem Ausdauersport, habe ich mir es ziemlich lange offen
gehalten mitzufahren. 300 km ist nicht mal nur, um die Ecke.
Die
Vorbereitung war (wie für viele andere auch) alles andere als optimal, die
Witterungsbedingungen waren in diesen Frühjahr eher suboptimal. Die ersten
Kilometer auf er der Rolle waren ok, bei den längeren Strecken musste ich‚
raus, sonst hätte ich es in die ‚Birne’ bekommen.
Dennoch war ich mit
der Vorbereitung zufrieden, ich wollte endlich an die Startlinie!
Am
9. Juni 2013, 7 Uhr – war es so weit! Es ging los! Und es sollte zum Schluss
etwas sein Ende finden, was ich Jahre vor mir „hergeschoben“ habe!
Und dann stand ich unter den Gleichgesinnten – alle wollten nach San Remo.
Einige wollten gewinnen und ich wollte ankommen.
Aufgebunkert mit
Getränke und Proviant ging es los bei leichtem Nieselregen, aber alles egal.
Nach 50 Minuten hatte ich drei Verletzte passiert für die der RTF zu Ende
war, ein Schicksal, dass mich auf keinen Fall treffen sollte.
Aber an
der Stelle wo ich fuhr war alles sehr übersichtlich. Nach bereits 20
Kilometer wurde ich „verheiratet“. Du bist mein Mann, du hast mein Tempo,
ich fahre das Ding mit dir zu Ende’, waren die Worte von Erich. Und nach 296
km haben wir auch die Ziellinie gemeinsam überquert. Bei Sonnenschein
empfing uns San Remo, und ich am Ziel meiner Wünsche. Die Freude ging gegen
‚plus unendlich’.
Die Quintessenz des RTF war – ich wollte ankommen –
bin ich. Ich habe wettertechnisch alles erlebt was der Himmel parat hat, von
Sonne bis Gewitter, natürlich alles mit seinen Zwischenstufen. Immer wieder
beeindruckend wo das Wasser überall hinlaufen kann und wo es wieder
herauskommt. Körperlich hat es für die Strecke genau gereicht, ich war
danach völlig erledigt - nach Mailand wäre ich nicht noch einmal
zurückgekommen. Und ich werde das nicht noch einmal tun. Es bleibt ein
großer Respekt gegenüber allen Radfahrern, die das jährlich auf sich nehmen.
Das heißt nicht, dass ich zum ‚extrem couching’ übergehe, aber ich will
mal schauen was im Leben eines fast 54-Jährigen noch geht.
Also
Günther, noch einmal DANKE für alles Erlebte! Es wird eine tiefe Rille auf
meiner internen Festplatte geben und auch bleiben … .
Ich wünsche dir
alles Gute!
Carl und Familie