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Ein Bericht von Karl Weindel
Mailand – San Remo 2022


Vorgeplänkel

Eins der fünf Radsport Monumente heißt Mailand - Sanremo und umfasst ca. 300 KM (je nach aufzeichnendem Gerät) und um die 1800 HM. Bevor ich diese Veranstaltung gefahren war, wusste ich noch nicht einmal, dass Mailand – Sanremo eins dieser Monumente ist. Aber wie auch immer, wenn man mit dem Rad unterwegs ist, trifft man nette Leute und man kommt ins Quatschen, vor, wahrend und am ausgiebigsten nach der Veranstaltung. Wie die Sportseite „SV Sport.it[1]“ – schreibt „Grande spettacolo per la 51° edizione della Cicloturistica Milano – Sanremo“. Das trifft die Sache ganz gut, großes Spektakel und das zum 51. Mal. Ich bin Wiederholungstäter. Allerdings erst zum 2. Mal. 2019 fuhr ich die Strecke zum ersten Mal. Ergebnis: Ich habe es tatsächlich geschafft in 10h und 30 min insgesamt, reine Fahrzeit knapp unter 10h.

Wenn man jetzt denkt, alles klar, ganz easy, null problemo, na dann hat man sich getäuscht, die gleichen Fragestellungen, wie bei der ersten Teilnahme tauchen im Hirn auf:

hast Du genug trainiert, nein Fehlanzeige, obwohl...

Ist das Rad in Schuss? Klar TD gemacht, im Februar war es bei Service, neue Reifen aufgezogen,…

Werkzeug- Kontrolle… Check, hast du ja zuhause gemacht…egal nochmal schauen, - , doofe Idee, denn wo zum Henker ist der Aufsatz für die C02-Kartuschen… In Oberursel !!! Als würde das Hirn nicht schon in Dauerschleife laufen, H A S T DU AN ALLES GEDACHT?...Der nochmalige Werkzeug-Check war keine Vertrauensbildende Maßnahme für die morgige Veranstaltung !

Damit ich hier jetzt nicht alle gleich abschrecke oder zu Tode langweile, verlassen wir die Wirren der eigenen Hirnwindungen.


Ein Vergleich zu 2019

Was ist diesmal anders? Eigentlich alles, selbst die Strecke ist heuer die der Profis, da der Turchino-Pass nach einem Erdrutsch immer noch gesperrt ist. Deshalb werden wir die Küste erst in Savona zu Angesicht bekommen und nicht wie in 2019 bei Genua. Wer sich jetzt fragt, woher weiß man denn so was? Dem sei gesagt, schließe dich einer Reisegruppe an, denn da kommt dann die Schwarmintelligenz zum Tragen. In meinem Fall, ganz klar wieder Team Kulessa. Günther veranstaltet diese Fahrten jetzt seit vielen Jahren und ist die Streckt bereits 13 mal selbst gefahren. Gewaltig, wer so viele Lebenskilometer in den Beinen hat, bleibt mir (ich sitze seit knapp 4 Jahren auf einem Rennrad) nur „CHAPEAU“ zu sagen.

Günther und ich haben in derselben Firma gearbeitet und fahren noch gemeinsam in unserer Betriebssportgruppe Rad. 2019 gab es einen Reisebus, der uns Samstagmorgens nach Mailand zum Ripamonti Hotel (Start der Veranstaltung) und am Montag nach der Veranstaltung wieder zurück nach Frankfurt brachte. Dann kam Corona und alles stand still. 2021 standen die strengen Reise- und Transportbedingungen gegen eine Teilnahme am 50-jährigen Jubiläum des Spektakels. Also logische Konsequenz in 2022 wieder am Start!

Günther organisierte für die Reise ab Frankfurt einen VW-Bulli T6, meinen Radanhänger für die Kupplung und gut, Bella Italia wir kommen! So machten wir uns einen Tag früher als letztes Mal auf den Weg und wir würden auch einen Tag länger bleiben. Alles war wie im Jahr 2019 perfekt durch Günther organisiert worden. Die Verlängerung um 2 Tage stellte sich als absoluter Glücksgriff heraus, kein Stau bei der Reise nach Mailand, keine Schlange beim Check in im Hotel. Da auch zwei weitere Teilnehmer vom Team Kulessa zu den Stammgästen der Veranstaltung zählten, fand sich für diesen Abend ein wunderbares Ristorante, wenn auch an einem ungewöhnlichen Ort. In einem Outlet-Center, Pasta und Pizza waren zum Niederknien, einfach Lecker. Günther fuhr anschließend mit dem Bulli weiter nach Sanremo, um am nächsten Tag mit den Radlern vom UC Sanremo wieder nach Mailand zu fahren. Somit musste niemand mehr für den Rückweg nach Mailand. Am nächsten Tag zogen wir nach einem ausgiebigen Frühstück und einer sehr entspannten Startnummern-Ausgabe los, ins Zentrum nach Mailand. Was für eine Stadt! OK, viel Fersengeld gegeben, aber dafür auch viel gesehen. Mailand, ich komme wieder, es gibt noch viel zu sehen, den Dom von Innen zum Beispiel und und und…


Samstagabend 04.06.2022

Beim gemeinsamen Abendessen trafen wir dann den Rest vom Team Kulessa und fachsimpelten ein wenig über den morgigen Start. Während des Essens nahm der UC Sanremo noch diverse Ehrungen vor. Günther erhielt eine Anerkennung für seine 14te Teilnahme am „Spettacolo“. Danach kurze Ankündigung, wie der Tag morgen verlaufen würde, die Uhrzeiten für Frühstück und Startaufstellung etc… Dann noch einen Absacker auf der Terrasse der Hotelbar, naja ich nahm zwei. Eine Familie aus der Nähe von Düsseldorf fragte unsere Runde ganz interessiert, ob wir morgen auch am Rennen teilnehmen würden, so wie der radbegeisterte Vater dieser Familie. Wir bejahten und bekamen zu Ohren, dass wir ja echt entspannt seien. Am nächsten Tag sah ich die Familie mehrfach am Wegesrand und wir grüßten uns. Die Nacht war kurz, zum einen wegen der feiernden Truppe unter unserem Zimmer und zum anderen, weil mich ab ca. 4:30h die Mücken aus dem Schlaf holten. Schidde, Balkontüre aufgelassen!!!


Sonntagmorgen 05.06.2022 – Es geht los! – Immer im Hinterkopf 2019
Wir starteten Punkt 7 Uhr aus Block eins. Insgesamt gingen ca. 660 Radler*innen auf die Strecke. Die Startphase war deutlich entspannter als im Jahr 2019. Die ersten zwei Stunden liefen echt spitze, allerding geriet ich etwas weiter nach hinten und so hatte ich mit dem netten Ziehharmonika-Effekt zu kämpfen. Also wieder weiter nach vorne, wo ich auf Elke aus der Gruppe Kulessa traf. Der Zustand der Straßen war teilweise echt heftig und man musste sich arg konzentrieren und den Lenker fest im Griff behalten. Auf diesen rauen und holperigen Abschnitten ging auch die Geschwindigkeit runter. Etwas später als angekündigt, aber viel früher als 2019 kam die 1. Verpflegungsstelle. Durchziehen mit der Gruppe oder doch anhalten und Verpflegung aufnehmen? Ein kurzer Blick auf die Trinkflaschen kürzte den Entscheidungsprozess erheblich ab, Flaschen: LEER!. Anschließend ging ich mit Elke wieder auf die Strecke, leider ohne Windschatten, da die schnelle Gruppe weitergefahren war. Nach und nach sammelten wir ein paar Leute ein und wechselten uns ab. Wo blieb die nächste Gruppe? Bisher war es flach und schnell, kaum Ortschaften, jetzt wurde es etwas welliger und man sah schon die Passhöhe näherkommen. Wir kamen auf eine Schnellstraße es ging sanft bergan und siehe da: Es kam eine stärkere Gruppe ca. 10 Leuten, Franzosen und Spanier yippiehhh, nichts wie dran bleiben! Nun stimmte das Tempo wieder und man konnte sich etwas erholen, schließlich war es ja noch nicht mal Halbzeit. Runter von der Schnellstraße, nach links, die Polizia Locale hielt alle anderen an dieser Kreuzung auf und wir konnten den Druck auf den Pedalen lassen, kurz danach ein Kreisverkehr mit leichter Kante, … dieses Geräusch will man nicht hören, aber schon lag einer aus der Gruppe mitten auf der Gass! Also rein in die Eisen und erst mal helfen. Der Rest der Gruppe war fort, dachte ich. Der Mann sprach kein Englisch, Französisch oder Spanisch. Er hielt sich den Ellenbogen. Also fragte ich unbeholfen auf Italienisch „va bene?“ Mit leicht verkniffenem Gesicht nickte der Mann, nahm sein Rad mit den eingesammelten Trinkflaschen entgegen und deutete mir an, ich könne weiterfahren. Auf Team Kulessa ist Verlass, am Ende der Geraden wurde auf mich gewartet und gemeinsam fingen wir die Gruppe wieder ein. Jetzt ging es Richtung Passhöhe. Keine steilen Rampen, aber stetig bergauf, teilweise sogar 8%. Als es wieder flacher wurde und ich mit meinen Gedanken schon bei der nun anstehenden Abfahrt war, machte mir ein Blick auf die Höhenangabe meines Tachos klar, es wird noch weitere 300 HM geben. Bald musste ich meine Begleitung ziehen lassen. Die anschließende Abfahrt wollte ich so fix wie möglich hinter mich bringen. Warum? Na, weil kurz vor dem höchsten Punkt kam Wind auf es wurde sehr dunkel und vereinzelte Tropfen fielen zu Boden. Die Abfahrt war ein Genuss, an der Küste angekommen hatten sich die Wolken verzogen. Ab hier ging es auf guten Straßen die Küste entlang. Nach 7 h lagen 240 KM hinter mir. Meine Zweifel, ob ich im Ziel ankommen würde, waren bereits ab KM 130 weniger geworden, aber genau jetzt fühlte ich, dass ich bis Sanremo schaffen würde. Nicht mehr weit bis zur letzten Verpflegungsstelle oben am Capo Berta bei KM 258.



P A U S E – Mal runter vom Sattel, essen, trinken, die Flaschen füllen und die Beine vertreten. Weder ich noch die Leute um mich herum sind jetzt gesprächig, aber es fühlt sich dennoch gut an, keine 45 KM mehr. Nicht mehr weit, aber es folgen noch Cipressa und Poggio. Egal weiter geht’s und was rauf geht, geht auch wieder runter und vom Capo Berta geht das echt gut. Eine Gruppe bildet sich nicht mehr, mal ein zwei Fahrer zusammen, mehr nicht. Was hatte Günther gestern aus Sanremo für eine Nachricht geschrieben, als er auf seine Mitfahrgelegenheit wartete? – „…Echt windig in Sanremo, aber ich glaube der Wind kommt aus der richtigen Richtung…“ - Man konnte jetzt denken, gestern war gestern und heute ist heute und der Wind kommt böig von vorne! Bevor ich diesem Gedanken weiter folgen konnte, sehe ich eine Entfernungsangabe, nach Sanremo 23 KM hier gerade aus. Cool!!! Doch bevor die Freude darüber raum greifen kann, ist da einer dieser schwarzen HINWEISPFEILE auf neongelben Hintergrund: Rechts weg! Ohha Cipressa, und von wegen 23 KM nach Sanremo, es sind noch knapp 40 KM laut meinem Tacho. Die kommenden ca. 8 KM davon bergan mit 200 HM. Anfangs noch recht gemächlich und siehe da, es kommt mir alles sehr bekannt vor, also noch schnell einen Energiegel aus der Rückentasche, rein damit, Wasser hinterher und dann sollte es werden. Nicht mehr weit. Noch ist ein wenig Kraft da. Oben angekommen, nix wie runter. Eine schmale und wer es mag schnelle Abfahrt. Ich mag es schnell! Hier war volle Konzentration gefragt, denn es hat auch ein paar unübersichtliche Ecken. Autos und Scooter tauchen grundsätzlich dort auf, wo es viel Platz hat! Also nichts übertreiben! Heile unten angekommen wieder ein Stück Küstenstraße, der Wind stand sch….! Egal es ist nicht mehr weit und wieder rechts abbiegen noch 10 KM. Jetzt stand der Wind perfekt. Ich komme an, ich fühle es, aber eine wirklich gute Zeit wird es nicht mehr. Wurst! Es war Zeit für Fotos zu machen, einmal wollte ich anderen Radlern hinterher und wäre fast falsch abgebogen, aber im Augenwinkel sah ich einen Wegweiser schwarzer Pfeil auf Neongelben Hintergrund, also drehen und bevor ich es genau erkennen konnte wo es genau entlang geht, riefen freundliche Italiener mir wohl zu: „Was machst du da hier geht’s lang!“ (Was sie mir genau zu gerufen haben klärte sich in englischer Sprache bei der Pasta-Party im Ziel.) Wieder rechts weg und den Poggio rauf 120 HM, kurz bevor man oben ankommt der gute Hinweis noch 5 KM, dann standen die freundlichen Helfer mit Fähnchen und Trillerpfeife ausgerüstet da, genau wie im Jahr 2019 (ob die hier immer stehen? Fragen über Fragen!), sie grüßten freundlich, feuern dich an, zeigten dir den richtigen Weg und es ging nach links, nur noch runter und dann etwas gerade aus. Mit breitem Grinsen im Gesicht ging es fix ins Tal, Mailand – Sanremo ist fast geschafft. Am Ende der Abfahrt hatte ich ein paar Dänen eingeholt, auch sie hatten ein breites Grinsen im Gesicht, „That was fun?“ fragt einer. Ich antwortete „It was!“ Ich grüßte kurz und legte mich noch mal ins Zeug. 10h 04min und die Ziellinie lag hinter mir (reine Fahrtzeit 9:39:48). Geil war‘s wieder! Welch Spektakel! Direkt hinter der Ziellinie gab’s die diesjährige Medaille. Weitere Fahrer*innen kamen ins Ziel, jeder bekam Applaus gespendet, war bei mir wahrscheinlich genauso, aber ich war so glücklich, ohne Panne oder anderes doofes Zeug angekommen zu sein, dass ich es gar nicht wahrnahm.


PASTA-Party:

Team Kulessa ist auch da in Form von Elke, sie war eine gute halbe Stunde vor mir da, Hans-Peter war eine gute Stunde schneller, der Rest wird sich finden. Die Siegerin der Frauen treffe ich auch noch kurz und gratuliere ihr, da Elke sie kennt und schon ab und zu mit ihr unterwegs war. Das alles ist aber nicht so wichtig, ja es freut einen gut gefahren zu sein. Viel schöner ist das Gefühl es geschaft zu haben. Dennoch kommt ganz profanes in den Sinn, erst mal Hände waschen, Wasser ins Gesicht und dann etwas in Ruhe essen.

Schnell ein Plätzchen gesucht und schon sitze ich. Der Typ zu linken kommt mir bekannt vor und ich frage ihn, did we met us yesterday? Er antwortet No not Yesterday, friday in front of the Ripamonti Hotel…! Jetzt fällt der Groschen und ich antworte „Dat kloppt!“ Er ist Holländer und heißt Charles und so reden wir letztlich auf Deutsch über unsere Tour von Mailand nach Sanremo. Andere Radler kommen mit Bier an uns vorbei, so etwas weckt natürlich Begehrlichkeiten. Kurz gefragt und schon war klar wo die Quelle ist. Charles holt uns Bier Es bleibt nicht bei einer Kaltschale. Nach und nach füllt sich der Tisch mit Italienern, auch weitere Jungs vom Team Kulessa erscheinen. Die Unterhaltungen sind sehr kurzweilig und die Zeit vergeht fix. Mit Fredi und Frank mache ich mich auf den Weg zu unserem Hotel. Als wir unsere Räder aus der Aufbewahrung holen (echt gut bewacht und organisiert vom UC-Sanremo) erscheint auch Ulrich unser Marathon-Mann vom Team Kulessa, er war mit seinem Rondoneur (Tekkingrad) die Strecke gefahren (erstaunte und verwunderte Blicke musterten uns als wir uns kurz unterhalten). Ein Vorteil seiner Rad wahl ist, dass sein Fahrrad mit Nabendynamo ausgestattet ist und somit der neuen italienische Vorschrift eine funktionierende Beleuchtung zu haben entspricht. Diesmal ging es auch ohne 😉.

Der Abend klang bei einem gemütlichen Essen im Hotel aus. Eigentlich wollte ich Mailand - Sanremo mit Fabio und seinen italienischen Freunden fahren. Fabio hatte ich 2019 kennengelernt und wir waren von Savona bis zum Capo Bertha gemeinsam unterwegs gewesen. Im Ziel quatschten wir noch und tauschten Adressen aus. Seit dem schreiben wir uns ab und an und folgen uns auf Strava. Trotz meiner frühen Anreise dieses Jahr hatte ein Treffen mit ihm nicht geklappt, da ihm immer etwas

dazwischenkam. Dafür klingelte mein Telefon beim Verzehren des Nachtisches. Fabio ist dran. Etwas mit seinem Hotelzimmer sei nicht wie geplant gelaufen, ob bei uns im Hotel noch was frei sei. Ich fragte an der Rezeption und siehe da 45 min. später erscheint Fabio. Wir nehmen noch einen Absacker an der Bar und quatschen über unsere Fahrt. Wie sich herausstellt sind Günther und Fabio viel gemeinsam unterwegs gewesen und Fabio ist unmittelbar vor Günther ins Ziel gekommen. Mal wieder scheint die Welt sehr klein zu sein. Ein schönes Gefühl. Bei meiner Frage was denn bei Fabio mit seiner Hotelbuchung schiefgelaufen sei, wird er sehr einsilbig und sein sonst sehr gutes Englisch kommt ins Stocken. Mich beschleicht der leise Verdacht Mailand - Sanremo war eine sehr spontane Entscheidung von Fabio. Italien… Egal es ist einfach schön, ihn getroffen zu haben und wir verabreden uns zum Frühstück. Jetzt aber endlich ins Bett und zzzzzz…


Montag, 06.06.2022 R U H E T A G ! – SANREMO erkunden.

Gegen 08:30 Uhr geht’s zum Frühstück, Fabio ist schon beim Speisen, alle sind bester Laune. Günther ist mit einem Teil der Truppe schon zum Bus, der nach Mailand fährt, unterwegs. Er kümmert sich einfach um alles. Ein Glück wir können noch bleiben. Der Rest vom Team Kulessa macht sich zu Fuß nach Sanremo auf, Fabio hat ausgecheckt und kommt mit, er will gegen Mittag oder Nachmittag einen Zug nach Genua nehmen, wo er als Steuerberater arbeitet. Sanremo gefällt uns gut, es gibt neben dem Casino auch viel anderes Schönes zu sehen und man kann das mediterrane Flair in vollen Zügen genießen. Ich übersetze viel unserer Gespräche in Englische für Fabio. Die Zeit geht schnell um, es wird schön warm und so machen wir in einer kleinen Pizzeria Mittag. Panachee, Birra und eine kleine Aufmerksamkeit des Hauses. Fabio und ich stellen fest, dass wir gleich alt sind. Ältere Herren, 54, bei Fabio ist die Zeit eindeutig langsamer gelaufen. Schon bei unserer ersten Runde gab es ein paar Stück köstliche Pizza die niemand bestellt hatte. Wir beschließen noch eine Runde zu nehmen und Fabio bietet an, bestellen zu gehen, ein großer Fehler, er bestellt und lädt uns alle ein. Diesen Umstand bemerken wir erst als wir bei der herzlichen älteren Besitzerin fragen, „ il conto per favore“. Jetzt übersetzt Fabio den Redeschwall der Besitzerin ins Englische. Die Frau hatte sich schon gedacht das wir am Rennen teilgenommen haben und weil sie uns symphytisch fand hatte sie uns etwas ihrer hausgemachten für Sanremo typischen (leider habe ich das Wort für diese Art Pizza vergessen) „Pizza“ gereicht. Schon ist es kurz vor 3 Uhr. Fabio verabschiedet sich und radelt zum Zug. Wir wandern zurück zum Hotel. Ich frage, wer noch mit zu Strand kommt, um das Meer zu testen. Elke ist die Einzige, die auch Lust hat. Um kurz nach vier nehmen wir unser Renner und fahren den herrlichen Radweg direkt am Strand entlang in Richtung Monaco. So weit werden wir nicht kommen, denn schon nach ein paar Kilometern endet der Radweg in dieser Richtung. Trotz der gestrigen Fahrt macht es wieder Spaß in die Pedale zu treten. Warum wir in dieser Richtung unterwegs sind liegt an Günther und Roland. Kurz vor dem Ende des Radwegs gibt es einen ca. 2 KM langen Tunnel, denn der jetzige Radweg war früher eine Eisenbahntrasse. Im Tunnel hängen an der Decke alle Sieger von Mailand-Sanremo. Wirklich imposant! …, ähhhh wer hat im Po Sand? Wir waren doch noch gar nicht schwimmen!

Also Elke und mich hat dieser Tunnel wirklich beeindruckt. Wir fuhren den Radweg bis zum Randstein der einem klar machte hier ist jetzt Schluss. Auch diese Aktion hat anscheinend seinen Sinn, denn hier war ein schöner Strand ganz ohne die übliche Bagnio-Atmosphäre und die lästige Angelegenheit Mietkosten zu entrichten zu müssen, um ins Wasser zu kommen. Noch fix die Renner mit den mitgenommenen Schlössern an einem Kajakgestell festgekettet und dann konnte es nacheinander ins kühle Nass gehen. Besser so als zu Fuß zurück. Alles richtig gemacht!

Die Zeit verrinnt viel zu fix, also aufs Rad und wieder durch diesen beeindruckenden Tunnel (so schön kühl, gut geteert und ausgeleuchtet. Auch in dieser Richtung ist der Radweg ein Hit. Wenn wir mehr Zeit hätten dann wären wir die restlichen 30 KM bestimmt auch gefahren, aber Günther hat für 18:30 Uhr ein Taxi nach Poggio bestellt um in einem urigen Lokal einen schönen Abschluss von Mailand -Sanremo feiern zu können. Also brechen wir unser Vorhaben, den Radweg weiter zu erkunden ab. Es wird dennoch knapp werden.

Gerade so schaffe ich es noch, fast pünktlich zum Treffen in der Hotellobby. Ein Großraum Taxi für 6 Personen soll bestellt werden. Geht aber nicht, also werden 2Taxen bestellt. Auf dem Weg zur Lokalität denke ich noch, hier wäre ich im Traum nie hingegangen. Recht schäbig und eng alles, aber…

Das Ristorante IL RUSTICHELLO ist der H I T !!! Sehr geschmackvoll nicht überladen schlicht und doch mit Charme und einem Hammer Ausblick auf den nächsten Hügel, an den sich ein Dorf anschmiegt und mit einer wundervoll durch die Abendsonne angestrahlten Kirche glänzen kann.

Wir lassen es uns gut gehen, Aperitivo, primi Piatti, secondi Piatti, Hauptgang Fisch oder Fleich und dann noch einen Nachtisch. Kerle Kiste, welch Gaumenfreuden dieses ligurische Ristorante uns kredenzte… Unglaublich und dann auch noch eine kleine Unentspanntheit beim Nachtisch. Unser Kosakenzipfel entpuppte sich als selbst gemachter Windbeutel… ich Kretain hatte mir am Nachtischbuffet erklären lassen was es alles gibt, Roland hatte keine Lust selbst zu gehen und meinte er wolle etwas mit Schoko. Also für ihn eine Art Tiramisu und für etwas was sich Mista nannte. Zwei kleine Küchlein und ein Profiterole (Windbeutel). Der Nachtisch kommt und als Roland diesen sieht greift er gleich nach meinem Mista (weil wie ich später lerne, er als Norditaliener Münchner Kindel halt, desdawegen gleich wusste was ich Gutes durch Zufall bestellt hatte). Kurzum wir sind ja Radler und deshalb nahm unser Abend nicht den Verlauf der Familien bei Loriot. Sondern wir fuhren zum Hotel zurück und ließen den schönen Abend bei einem kühlen Getränk auf der Dachterrasse des Hotels ausklingen.
Rückfahrt, Dienstag 07.06.2022:

Unspäktakulär, etwas Stau am Gotthard und mit einem Guten wenn auch für unsere Verhältnisse teuren Abendessen in Luzern in der Gaststätte der Eichhoff Brauerei. Lecker Züricher Geschnetzeltes mit Rösti, mhhh…
Fazit:

Später am Abend kamen wir müde aber erfüllt und stolz Zuhause an. Ich freue mich schon darauf, diese Strecke eines Tages wieder in Angriff zu nehmen. Dann hoffentlich mit euch im Team Kulessa. Am liebsten wieder mit einem Anreisetag extra und dem Ruhetag nach dem Spettacolo.

Danke Günther

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Ein Bericht von Roland Sedlmeier

Mailand – San Remo 2022

Den Bericht von Roland findet ihr unter dem folgenden Link:

https://aveon.ddns.net/treport/index.php/2022/06/10/mailand-san-remo-2022/



Einen weiteren schönen Bericht von ihm, im Vorfeld zu unserer Veranstaltung, findet ihr unter dem folgenden Link:

https://aveon.ddns.net/treport/index.php/2022/04/09/neues-jahr-und-neue-ziele-2-milano-san-remo/

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Ein Bericht von Ulrich Zimmermann

Mailand – San Remo 2022

Die Teilnahme bei Mailand Sanremo scheiterte 2021 an den italienischen Covid-19-Bestimmungen. Am 05.06.2022 konnte ich wieder mitfahren, da alle Einschränkungen gefallen waren.

Nachdem im Mai die "Lichtpflicht für Fahrräder in Italien" eingeführt wurde, entschloss ich mich mit dem Randonneur zu fahren, der über Dynamolicht verfügt und etwa 6 kg schwerer ist als das Rennrad (wegen Rohloffnabe, Gepäckträger und Schutzblechen). Das bemerkenswerte an der Lichtpflicht ist laut ADAC, dass die Beleuchtung mitgeführt werden muss, aber keine Vorschrift besteht, sie einzuschalten. Das Rad verfügt nicht über die vorgeschriebenen Reflektoren an den Pedalen. Ich halte das nicht für so wichtig. Für längere Tunnelfahrten ist die Beleuchtung durchaus sinnvoll. Bis auf wenige Ausnahmen fuhren die Teilnehmer ohne Licht. Eine Kontrolle der Beleuchtung durch die Polizei gab es nicht. Dem ADAC wurden im Vorfeld etwa 30 Fälle berichtet, wo ein Bußgeld bis etwa 100 Euro erhoben wurde.

Wegen der Covid-19-Situation fanden sich dieses Mal nicht genug Teilnehmer, um mit einem Reisebus die Fahrt von Frankfurt (am Main) nach Mailand anzutreten. Günther, der den Mitfahrern die komplette Organisation abnimmt, entschied, die Fahrt im Bulli (VW-Bus) mit fünf Personen (einschl. Rädern) anzutreten. Zwei Räder fanden im Fahrzeug Platz, die anderen drei auf dem Träger auf der Anhängerkupplung. Die Platzverhältnisse im Bulli (Beinfreiheit) waren wesentlich angenehmer als im Reisebus. Bis auf eine kurze Stockung vor dem Gotthardtunnel verlief die Hinfahrt ohne Zwischenfälle. Auf der Rückreise war die Wartezeit vor dem Gotthardtunnel länger. Die Fahrt über den Pass hätte sich trotzdem nicht gelohnt.

Die kleine Zahl der Teilnehmer erforderte eine Anreise einen Tag früher, um den Bulli nach Sanremo zu fahren und ermöglichte, einen Tag länger in Sanremo zu bleiben.

Die normale Fahrt mit dem Reisebus startet einen Tag später am Samstag um 6:00 Uhr in Frankfurt.. Am Montag gegen Mitternacht ist die Rückkehr in Frankfurt. Viele Teilnehmer legen keinen Wert darauf, länger als nötig zu bleiben.

In Mailand hatten wir die Möglichkeit, am Samstag die Stadt zu besichtigen. Das Hotel, an dem am Sonntagmorgen die Radtouristik beginnt, liegt etwa 20 Kilometer außerhalb der Innenstadt von Mailand. Mit einem 2,00 Euro teuren Ticket kann man (oder frau) 90 Minuten den Nahverkehr (Bus, Straßenbahn oder U-Bahn) nutzen. Ticketautomaten gibt es nur an den U-Bahn-Stationen, an der Rezeption des Hotels und an etwa 2.000 Verkaufsstellen in Mailand. Die Bushaltestelle ist direkt vor dem Hotel. Mit Bus und Straßenbahn ging es schnell ins Zentrum. Auf den Besuch des sehenswerten Doms habe ich wegen der langen Wartezeit an den Kassen verzichtet. Die Einkaufspassagen in der Innenstadt sind einen Besuch wert. ebenso das gute erhaltene Schloss mit dem umgebenden Park und der Napoleon III Statue. Für den Besuch des Schlossmuseums, das Skulpturen aus verschiedenen Epochen enthält und auch des Wissenschaft- und Technik-Museums da Vinci fehlte leider die Zeit.

Am Samstagmorgen haben wir die Startunterlagen abgeholt, was wesentlich einfacher war als bisher. Es war nur eine statt mehreren Unterschriften für die "Lizenz" erforderlich. Die Kaution in Höhe von 10 Euro (5 Euro gab es im Ziel zurück) entfiel, da der Transponder für die Zeitmessung in die Startnummer als Einwegprodukt integriert war. Die Zeitmessung erfolgte auch diesmal nur am Start in Mailand und am Ziel in Sanremo. Früher wurde auf der Cipressa eine Zwischenzeit ermittelt. Theoretisch wäre es daher möglich gewesen, die beiden letzten Anstiege Cipressa und Poggio auszulassen.

Die Strecke ging diesmal wegen eines Erdrutsches nicht durch Genua, sondern verlief weiter westlich. Streckenverlauf: Mailand, Pavia, Voghera, Tortona, Novi Ligure, Acqui Terme, Cartosio, Sassello, San Bernardo, ab Albisola Superiore am Ligurischen Meer, Savona, Spotorno, Finale Ligure, Albenga, Allassio, Imperia, Arma di Taggio, Sanremo. Die drei Verpflegungspunkte lagen diesmal bei 104 km, 193 km und 258 km.

Der Start der etwas über 600 Teilnehmer, von denen etwa 400 das Ziel (in der Zeit) erreichten, erfolgte ab 7:00 Uhr in vier Startblöcken mit 10 Minuten Zeitabstand. Ich durfte im ersten Block starten, was von Vorteil ist. In der ersten Stunde konnte ich im Windschatten bei der hohen Geschwindigkeit (40 - 45 km/h) mithalten. Mit den drei folgenden Startblöcken kam ich zur ersten Verpflegung. Danach begann die Steigung zum etwas über 500 Meter hohen Pass (Colle del Giovo). Ab dem m. E. nicht so steilen Anstieg (im Vergleich zum etwa 30 Meter höheren Turchino Pass) war ich auf mich alleine gestellt.

Die Abfahrt nach Albisola Superiore verlief in weniger Kehren als die normale Strecke und war einfacher zu bewältigen. Mehrere einspurige Abschnitte, die durch Ampeln geregelt wurden, verlängerten die Fahrzeit. Ab dem Mittelmeer kam der Wind von vorne. Der Wind blieb bis zum Ziel erhalten. Beim vorletzten Anstieg (Cipressa auf 250 Meter) war die kühlende Wirkung des Windes angenehm. Die 300 Kilometer habe in 11 ½ Stunden bewältigt. Die anderen Teilnehmer unserer kleinen Gruppen waren fast alle deutlich vor mir im Ziel. Bei früheren Teilnahmen war ich deutlich schneller. Das liegt auch daran, dass der Radtouristik der Renncharakter genommen wurde. Es gibt weiter eine Zeitmessung, aber keine Ergebnisliste mit Zeitangaben. Abgesehen von den ersten Kilometern, wo Motorräder die Startblöcke begleiten und Kreuzungen freigehalten werden, gelten die Verkehrsregeln für alle Teilnehmer.

Morgens in Mailand lag die Temperatur bei 23° und kletterte durch viel Sonne auf weit über 30°. Am Anstieg zum Pass wurde es durch Wolken angenehmer. Am Meer setzte sich die Sonne wieder durch.

Im Ziel erhält jeder Teilnehmer eine Medaille. Leider fehlt der Medaille eine Jahreszahl. Auch die Pasta Party im Ziel, Abendessen am Vortag, das Frühstück am Starttag und ein jedes Mal neu designtes Trikot sind im Startpreis (95,00 Euro bzw 110,00 Euro im ersten Startblock) inbegriffen.

Den Montag haben wir für einen Besuch der Altstadt in Sanremo genutzt. Wer wollte konnte noch ein kurzes Bad im Mittelmeer nehmen. Mit dem Taxi ging es abends zum Poggio. In einer gemütlichen Gaststätte mit Blick zum Mittelmeer. ließen wir uns es nochmal schmecken. Den Tag haben wir bei angenehmen Temperaturen auf dem Dach des Hotels ausklingen lassen.

Dienstag gegen 22:00 Uhr waren wir nach einer Verkehrsstockung vor dem Gotthardtunnel und einem schmackhaften Mittagessen in Luzern mit typischen schweizerischen Preisen zurück in Frankfurt.

Bei Interesse an einer Teilnahme am 11. Juni 2023 (Sonntag nach Fronleichnam) kann ich Günther, der alles Organisatorische übernimmt, wärmstens empfehlen.

Ulrich Zimmermann